Betreff
Hybridsitzungen der kommunalen Gremien; Antrag der UWG-Fraktion
Vorlage
VO/057/2022
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

Die Durchführung von Hybridsitzung wird zeitlich an die Fertigstellung des Tagungsraumes am Schulstandort Apen geknüpft. Die Kosten hierfür sind seitens der Verwaltung in diesem Zusammenhang zu ermitteln. Eine mögliche Anpassung der Hauptsatzung ist den Gremien rechtzeitig erneut vorzulegen.


Sachverhalt:

War es bisher so, dass das Niedersächsische Kommunalverfassungsgesetzes (NKomVG) während epidemischer Lagen von nationaler Tragweite Hybridsitzungen ermöglichte, um aus Infektionsschutzgründen ein Funktionieren bzw. Tagen der Organe der Kommune, insbesondere der Vertretung, zu gewährleisten (vgl. § 182 NKomVG), ermöglicht eine weitere Änderung des NKomVG den Kommunen, auch außerhalb epidemischer Lagen Sitzungen in Form von Hybridsitzungen durchzuführen.

 

Diese Möglichkeit, die gesetzlich als Option formuliert ist, wird der Anregung der Enquetekommission „Rahmenbedingungen für das ehrenamtliche Engagement verbessern“ gerecht, die sich dafür ausgesprochen hat, hybride Sitzungen dauerhaft im NKomVG zu verankern. Der Gesetzgeber ist dieser Stellungnahme gefolgt und verspricht sich davon eine bessere Vereinbarkeit von kommunalem Mandat, Familie, Beruf und Studium. Adressat ist also weniger die Öffentlichkeit und deren Partizipation, sondern vielmehr der Mandatsträger und dessen Möglichkeit, das Mandat auszuüben.

 

Der Vollständigkeit halber sei hier angeführt, dass die kommunalen Spitzenverbände im Beteiligungsverfahren sich für dafür ausgesprochen haben, Präsenzsitzungen grundsätzlich vorzuziehen und zunächst die Erfahrung von Hybridsitzungen gem. § 182 NKomVG auszuwerten, während der Gesetzgeber darauf hinweist, dass die Neuregelung eine Erweiterungsmöglichkeit der kommunalen Handlungsmöglichkeiten darstellt, da man diese Möglichkeit nutzen kann aber nicht muß.

 

Die kommunale Vertretung vor Ort kann also selbst entscheiden, ob sie von dieser Regelung Gebrauch macht. Die Möglichkeit hierzu würde über eine entsprechende Änderung der Hauptsatzung zu schaffen sein. Hier ist jedoch wichtig, dass für einen solchen Beschluss, eine Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder der Vertretung erforderlich ist. Dies soll sicherstellen, dass eine breit verankerte Einigkeit der Abgeordneten über die Möglichkeit dieser besonderen Form der Sitzungsdurchführung und -teilnahme besteht.

 

Unter welchen Rahmenbedingungen ist eine Hybridsitzung in o.g. Sinne möglich:

 

-       Eine Onlineteilnahme ist für die Abgeordneten möglich, mit Ausnahme des Ratsvorsitzenden und des Hauptverwaltungsbeamten. Andere Personen, die gem. § 71 (7) NKomVG Mitglieder der Fachausschüsse der Vertretung sind, ohne Abgeordnete zu sein, können online teilnehmen.

 

-       Die Regelung, Hybridsitzungen abzuhalten kann auf den Verwaltungsausschuss sowie die Fachausschüsse angewandt werden, sofern die Hauptsatzung dieses vorsieht. Der Gestaltungsspielraum läßt zu, dass sich Hybridsitzungen auf die Sitzung der Vertretung beschränken, auf alle oder einzelne Fachausschüsse erweitert oder Zuschaltungen für bestimme Beratungspunkte ausschließt.

 

-       Die Teilnahme an Hybridsitzungen kann sich auf öffentliche Sitzungen beschränken und dies für nichtöffentliche Sitzungen explizit ausschließen. Sollte eine nichtöffentliche Sitzung auch in Hybridform durchgeführt werden, haben die Abgeordneten sicher zu stellen, dass Nichtöffentlichkeit gewahrt wird. Hier sind besondere Voraussetzungen zu beachten.

 

-       Die Möglichkeit der Onlineteilnahme für Abgeordnete kann voraussetzungslos eingeräumt oder an Voraussetzungen bzw. Verhinderungsgründe geknüpft werden (Krankheit, Ortsabwesenheiten usw.). Denkbar wäre auch eine Zuschaltung lediglich zu gewähren, wenn der Hauptverwaltungsbeamte dies im Benehmen mit dem Ratsvorsitzenden in der Ladung gewährt (Abhängigkeit der technischen Voraussetzungen vom Tagungsort).

 

-       In einer Hybridsitzungen dürfen geheime Wahlen (§ 67 (2) NKomVG), nach § 66 (2) NKomVG vorgesehene geheime Abstimmungen und Beratungen von Angelegenheiten, zu deren Geheimhaltung die Kommune nach § 6(3) NKomVG verpflichtet ist, nicht durchgeführt werden.

 

-       Eine Einwohnerfragestunde ist derzeit online nicht möglich, so dass diese in Präsenz abgehalten werden muß.

 

-       Es sind technische Voraussetzungen zu schaffen, dass sich die Anwesenden und Zugeschalteten während der gesamten Sitzung in Bild und Ton wahrnehmen können, dies muß auch für die Saalöffentlichkeit sichergestellt sein. Die Gesetzesbegründung benennt hier eine Videokonferenztechnik sowie eine umfangreiche technische Ausstattung.

 

-       Hat sich die Vertretung entschieden, Hybridsitzungen durchzuführen, ist von den einzelnen Abgeordneten zum Zwecke der Durchführung der Sitzung KEINE Zustimmung erforderlich (Beschluss Hauptsatzung legitimiert dieses vgl. § 64(4) NKomVG). Film- und Tonaufnahmen mit dem Ziel der Berichterstattung richten sich nach § 64 (2) NKomVG. Hier können Abgeordnete der Aufnahme ihres Redebeitrages oder der Veröffentlichung der Aufnahme auch im Rahmen einer Hybridsitzung widersprechen. Hieraus folgt auch, dass Bild- und Tonaufnahmen für andere Zwecke nicht ohne Zustimmung genutzt werden dürfen.

Man kann sich dem Thema der Hybridsitzung grundsätzlich unter zweierlei Betrachtungsmöglichkeiten nähern:

 

Der eine Betrachtungspunkt ist der oben dargestellte hinsichtlich der Rechtmäßigkeit einer Rats- und/oder Ausschusssitzung und damit der Rechtmäßigkeit der gefassten Beschlüsse. Diese Regelungen zielen, wie dargestellt, auf die bessere Vereinbarkeit von Mandatsträgern und z.B. familiären und beruflichen Verpflichtungen ab.

 

Der andere Betrachtungspunkt ist die digitale Partizipation an politischen Willensbildungsprozessen für die Öffentlichkeit. Dies kann durch einen sog. Live-Stream der Sitzung erreicht werden. Eine Ausarbeitung des Landkreises aus dem Jahr 2013 zieht hier das Fazit, dass dies kommunalverfassungsrechtlich möglich sei, jedoch laut Auffassung des Landesdatenschutzbeauftragen der Einwilligung aller Ratsmitglieder bedarf.

 

Eine Kombination beider dargestellten Betrachtungsmöglichkeiten scheint ebenfalls vorstellbar und möglich.

 

Das Für und Wider kann inhaltlich auf den verschiedensten Ebenen abgewogen werden. Hier spielen sicherlich persönliche Grundhaltungen eine nicht unwesentliche Rolle. Darüber hinaus ist eine essentielle Voraussetzung die technische Ausstattung verbunden mit der Frage, ist diese flexibel zu halten, um in verschiedenen Tagungsräumen diese Möglichkeiten einzuräumen oder entscheidet man sich für eine stationäre Technik, die fest verortet ist. Diese Frage ist sicherlich mit der zu errichtenden Tagungsmöglichkeit am Schulstandort Apen zu erörtern.

 

Eine mögliche Erweiterung der Hauptsatzung könnte wie folgt aussehen:

 

§ 14 Film- und Tonaufnahmen in öffentlichen Sitzungen des Rates

 

(1) In öffentlichen Sitzungen dürfen Vertreterinnen und Vertreter der Medien sowie die Verwaltung Film- und Tonaufnahmen von den Mitgliedern der Vertretung mit dem Ziel der Berichterstattung anfertigen. Die Anfertigung der Aufnahmen ist der Vorsitzenden oder dem Vorsitzenden vor dem Beginn der Sitzung anzuzeigen. Sie oder er hat die Mitglieder des Rates zu Beginn der Sitzung darüber zu informieren.

 

(2) Ratsfrauen und Ratsherren können verlangen, dass die Aufnahme ihres Redebeitrages oder die Berichterstattung der Aufnahme unterbleibt. Das Verlangen ist gegenüber der Vorsitzenden oder dem Vorsitzenden geltend zu machen und im Protokoll zu dokumentieren. Die Vorsitzende oder der Vorsitzende hat im Rahmen seiner Ordnungsgewalt (§ 63 NKomVG) dafür Sorge zur tragen, dass die Aufnahmen unterbleiben.

 

(3) Film- und Tonaufnahmen von anderen Personen als den Mitgliedern des Rates, insbesondere von Einwohnerinnen und Einwohnern sowie von Beschäftigten der Gemeinde, sind nur zulässig, wenn diese Personen eingewilligt haben.

 

(4) Die Zulässigkeit von Tonaufnahmen zum Zwecke der Erstellung des Protokolls bleibt davon unberührt.

 

§ 15 Teilnahme an Sitzungen durch Zuschaltung per Videokonferenztechnik

 

(1) Abgeordnete, ausgenommen die oder der Vorsitzende der Vertretung, können an Sitzungen der Vertretung durch Zuschaltung per Videokonferenztechnik teilnehmen.

 

Alternativ: Abgeordnete, ausgenommen die oder der Vorsitzende der Vertretung, können an Sitzungen der Vertretung durch Zuschaltung per Videokonferenztechnik teilnehmen, soweit sie aus folgenden Gründen an der Teilnahmen an der Präsenzsitzung verhindert sind oder diese Gründe die Teilnahme an der Präsenzsitzung wesentlich erschweren:

· Krankheit oder körperliche Beeinträchtigungen

· Wahrnehmung familiärer Aufgaben (insbesondere Betreuung eines Kindes, Pflege von Angehörigen) oder

· ausbildungs-, berufs- und urlaubsbedingte Abwesenheiten

·

 

Die Teilnahme an Sitzungen durch Zuschaltung per Videokonferenztechnik ist der Verwaltung bis … anzuzeigen.

 

(2) Optional: Abs. 1 gilt nicht für nichtöffentliche Sitzungen der Vertretung.

 

(3) Sind auf der Tagesordnung Wahlen im Sinne des § 67 NKomVG oder geheime Abstimmungen nach § 66 Abs. 2 NKomVG vorgesehen, so ist eine Teilnahme durch Zuschaltung per Videokonferenztechnik unzulässig.

 

(4) Anhörungen nach § 62 Abs. 2 NKomVG können durch Zuschaltung der anzuhörenden Person per Videokonferenztechnik durchgeführt werden.

 

(5) Optional: Die Absätze 1 bis 4 gelten nicht für die Sitzungen des Hauptausschusses und der Ausschüsse.

 

Verwaltungsseitig wird vorgeschlagen, die mögliche Umsetzung dieses Themas an die Fertigstellung des Tagungsraumes am Schulstandort Apen zu knüpfen, um dann im Rahmen der Baumaßnahme die technischen Voraussetzungen zu schaffen, die einer dann per Beschluss zu fassenden Form der möglichen Umsetzung gerecht werden.

   


Finanzielle Auswirkungen:

Gilt es noch zu ermitteln.


Anlagen:

Antrag UWG