Betreff
Abwasserbeseitigung in der Gemeinde Apen
Vorlage
VO/059/2022
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

Dem Abschluss der „Grundsatzvereinbarung über die Übernahme der Pflicht zur Schmutzwasserbeseitigung durch den OOWV“ wird zugestimmt. Der Bürgermeister wird ermächtigt, diese Grundsatzvereinbarung zu unterzeichnen.

 


Sachverhalt:

In den Jahren 2019 bis 2021 haben sich sowohl der Finanzausschuss, als auch der damalige Wirtschaftsausschuss mit der Zukunft der zentralen Abwasserbeseitigung in der Gemeinde Apen beschäftigt.

 

Die Gemeinde Apen hat im Dezember 1993 mit der EWE AG, Oldenburg (mittlerweile EWE Wasser GmbH, Cuxhaven), einen Vertrag über die Abwasserbeseitigung abgeschlossen mit einer Laufzeit vom 01.01.1994 bis zum 31.12.2024. In diesem Zusammenhang wurde die Kläranlage samt Grundstücken wie auch das gesamte Kanalnetz in der Gemeinde Apen an die EWE übertragen. Der Vertrag regelt die Übernahme der Anlage, die Leistungen und

Pflichten der EWE und der Gemeinde, die Finanzierung der Investitionen sowie die

Höhe und Zusammensetzung der jährlichen Vergütung.

Der Vertrag verlängert sich um jeweils 30 Jahre, wenn er nicht von einer Partei 5

Jahre vor Vertragsablauf gekündigt wird. Im Falle einer Kündigung werden die

Grundstücke, die Kläranlage und das Kanalnetz einschließlich aller

Ausstattungsgegenstände und technischen Einrichtungen gegen Zahlung eines

Rückkaufpreises an die Gemeinde Apen zurückgegeben. Mit Wirkung zum 01.01.2000 wurde der Ursprungsvertrag in mehreren Punkten der tatsächlichen Handhabung angepasst.

 

Die Frist zur Kündigung des Vertrages mit der EWE endete am 31.12.2019. Nach intensiven Beratungen in den Gremien, der gebühren- und vergaberechtlichen Beurteilung durch die Kanzlei Göhmann, Hannover und der wirtschaftlichen Beurteilung durch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Göken, Pollak und Partner (GPP), Bremen hat die Gemeinde Apen von ihrem Kündigungsrecht Gebrauch gemacht.

Aufgrund der Kündigung hat die EWE Wasser eine Klarstellungsvereinbarung zum aktuellen Vertrag erarbeitet. Hierbei handelte es sich insbesondere um eine Verdeutlichung und Auslegung der bisherigen vertraglichen Regelungen (Korrektur bisheriger Jahresabrechnungen, Anerkennung der angewandten Indices und Abwassermengen usw.). Aufgrund der von der Gemeinde auf Anraten des Wirtschaftsprüfers bemängelten zu niedrigen Reinvestitionsquote wurden in einem nächsten Schritt auch hierzu Regelungen von der EWE ausgearbeitet.

 

Nach einem ergänzenden Gutachten der Kanzlei Göhmann, stellten die in den vorgelegten Klarstellungsvereinbarungen enthaltenen Regelungen Auftragsänderungen dar mit der Folge, dass eine Fortführung des Vertrages ohne vorherige Ausschreibung nicht möglich war. Die EWE hat allerdings ebenfalls signalisiert, dass man eine Kündigungsrücknahme der Gemeinde Apen unter den bisherigen Voraussetzungen aufgrund des Aper Zahlenwerkes und der andauernden Niedrigzinsphase nicht annehmen würde, da man die Betriebsführung so wirtschaftlich nicht mehr darstellen könne.

 

Aufgrund dieser Tatsache geht die Verwaltung davon aus, dass sich das Betreiberentgelt und damit die Gebühren für den Bürger bei einer Neuausschreibung der Abwasserbeseitigung in einem Betreibermodell erhöhen werden.

 

Die Gemeinde Apen hat mit der Kanzlei Göhmann und der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft GPP verschiedene Handlungsalternativen im Bezug auf die Abwasserbeseitigung ab dem 01.01.2025 erarbeitet hat (siehe Anlage „Ausarbeitung Variantenbetrachtung“).

 

Hierbei wurden die folgenden Varianten näher untersucht:

 

Modell 1:            Rekommunalisierung

Die Aufgabe wird durch die Gemeinde Apen durchgeführt.

 

Modell 2:            Modell der gemischt-öffentlichen Kooperation

Die Aufgabe wird in Kooperation mit einer weiteren öffentlichen Einrichtung (z.B. Zweckverband) durchgeführt.

 

Modell 3:            Betreibermodell

Dieses Modell entspricht dem jetzigen Vertrag mit der EWE Wasser. Ein privater Dritter erwirbt das Anlagevermögen der Gemeinde und führt die Aufgabe gegen die Zahlung eines Betreiberentgeltes aus.

 

Modell 4:            Betriebsführung

Bei diesem Modell verbleibt das Anlagevermögen und damit auch die Investitionsverpflichtung bei der Gemeinde Apen. Der private Dritte erbringt hierbei lediglich die Dienstleistung der Abwasserreinigung für die Gemeinde.

 

Modell 5:            Kooperationsmodell mit privatem Dritten

Die Gemeinde Apen gründet zusammen mit einer weiteren Kommune und einem privaten Dritten eine Gesellschaft, die wiederrum die Abwasserbeseitigung übernimmt. Hierbei wird auf lange Sicht das Ziel verfolgt, die Abwasserbeseitigung zu rekommunalisieren

 

Die jeweiligen Vor- und Nachteile der einzelnen Varianten werden in der Sitzung vorgestellt. Bei der Betrachtung aller Varianten sind aus Sicht der Verwaltung folgende Faktoren, die auch die örtliche Situation abbilden, zu berücksichtigen: finanzielle Aspekte, Bedeutung für den Bürger, Bedeutung für die hausinterne Aufbau- und Ablauforganisation.

 

 

finanzielle Aspekte:

Hier gilt es Rückkaufswerte, Gebührenhöhen, Umsatzsteuerthematik, Gewinnerzielungsabsicht, Effizienz usw. jeweils in Relation für die Laufzeit eines Vertrages zu beachten.

Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft GPP hat im Jahr 2020 errechnet, wie hoch die Kosten wären, wenn die Abwasserbeseitigung durch die Gemeinde Apen vorgenommen wird. Auf Basis dieser Daten wurde am 03.02.2022 eine Prognose erstellt, wie sich die Kosten und damit die Gebühr in den jeweiligen Modellen voraussichtlich entwickeln werden (siehe Anlage „Kostenschätzung Modellvarianten“). Diese Prognose hat ergeben, dass eine Verbandslösung und somit eine Aufgabenübertragung an den OOWV vermutlich die für den Bürger günstigste Lösung darstellt. Es muss hierbei jedoch erwähnt werden, dass sich die Abwassergebühr beim OOWV in eine Grundgebühr und einen Arbeitspreis aufteilt. Hierdurch ist es möglich, die Fixkosten gerechter zu verteilen. Es wird allerdings passieren, dass sich die Gebühr bei verschiedenen Personenhaushalten verändern wird, was jedoch bei einem „Systemwechsel“ nicht vermeidbar ist, jedoch bei der Entscheidung dahingehend zu berücksichtigen ist, dass es hier keine strukturellen Änderungen geben sollte.

 

Bedeutung für den Bürger:

Der Bürger hat den Anspruch auf eine reibungslose Abwicklung der Abwasserbeseitigung. Dies beinhaltet die faktische Entsorgung an sich, jedoch aber auch eine Gebührenstabilität und –nachvollziehbarkeit. Grundsätzlich ist es auch selbstverständlich, dass die administrative Abwicklung, von der Bescheiderteilung bis hin zur Abrechnung reibungslos und nachvollziehbar funktioniert.

 

Bedeutung für die hausinterne Aufbau- und Ablauforganisation:

Zur Sicherstellung der o.g. dargestellten Außenwirkung für den Bürger ist es essentiell, dass, je nach Modell, ein Vertragscontrolling im Hause vorgehalten wird, eine technische und bauliche Unterhaltung für die Anlage und das Netz inklusive entsprechender Investitionsplanung sowie eine Servicestelle oder – einheit zur Abrechnung wie bisher und mit denen, je nach Modell einhergehenden besonderen Anforderungen wie Sicherstellung von Schichtbetrieben und Notfallerreichbarkeiten.

 

Um zu untersuchen, ob es für die Modelle 3-5 einen Markt gibt, wurde eine Markterkundung durchgeführt. Das Markterkundungsverfahren wurde von der Kanzlei Göhmann vorbereitet und am 20.04.2021 im Amtsblatt der EU sowie auf der nationalen Vergabeplattform Bund.de veröffentlicht (siehe Anlagen „Markterkundung“).

 

Die Frist zur Abgabe einer Interessenbekundung endete am 14.06.2021. Folgende Unternehmen haben Unterlagen eingereicht:

 

-              REMONDIS/EURAWASSER GmbH & Co. KG, Goslar,

-              EWE WASSER GmbH, Cuxhaven,

-              Schumacher Kläranlagen GmbH, Wolfenbüttel.

 

Das Unternehmen hanseWasser Bremen GmbH hat ein Absageschreiben übermittelt.

 

Die Unternehmen:

 

-              MUTEC-Markgraf GmbH, Braunschweig,

-              Nehlsen AG, Bremen,

-              i+M GmbH & Co. KG Innovation und Management, Dortmund,

-              TDL Energie GmbH, Neumünster sowie

-              Kommunalservice Hans Vornkahl GmbH, Nettlingen

 

haben sich bis zum Ablauf der Frist nicht mehr gemeldet, obwohl die Unterlagen im Vorfeld von den Unternehmen angefordert wurden.

 

Die Gespräche mit den Firmen Eurawasser, EWE Wasser und Schumacher Kläranlagen GmbH fanden im September 2021 statt. Die Vorlieben der jeweiligen Firmen waren durchaus gemischt. Es stellte sich heraus, dass sich die großen Entsorger (Eurawasser GmbH + EWE Wasser GmbH) eher an einer Ausschreibung im Betriebsführungsmodell beteiligen würden. Die Schumacher Kläranlagen GmbH würde sich hingegen eher an einer Ausschreibung im Betreibermodell beteiligen. Bei allen Firmen wurde ebenfalls die Bereitschaft signalisiert, ein Kooperationsmodell mit der Gemeinde Apen und einer weiteren Kommune (Modell 5) einzugehen. Gegen die Forderung der Gemeinde, dass die Kommunen Anteile von zusammen 51% an der zu gründenden Gesellschaft halten, wurden jeweils keine Einwände erhoben.

 

Parallel fanden in den Jahren 2020 bis 2022 Gespräche mit dem OOWV statt. Der OOWV hat signalisiert, dass eine Aufgabenübertragung für den Bereich Abwasser im Rahmen des Verbandsmodells auf den OOWV möglich ist. Hierbei würde der OOWV das Anlagevermögen, welches die Gemeinde Apen zum 31.12.2024 von der EWE Wasser zurückerwerben muss, zu den Anschaffungskosten der Gemeinde übernehmen (siehe Anlage „OOWV – Kaufpreis“). Die Aufgabenübertragung erfolgt zunächst befristet mit einer Laufzeit von 30 Jahren. Bezüglich der möglichen Gebührenhöhe konnte der OOWV bislang lediglich mitteilen, dass sich diese in etwa auf dem gleichen Niveau befinden wird, wie sie derzeit von der Gemeindeverwaltung kalkuliert wird (siehe Anlage „OOWV – Gebührenhöhe). Dies ist jedoch nicht unüblich, da zum jetzigen Zeitpunkt lediglich derzeitige gesetzliche und behördliche Rahmenbedingungen unterstellt werden können. Bei einer kompletten Aufgabenübertragung würde die Haftung für sämtliche Belange der Abwasserbeseitigung ebenfalls auf den OOWV übergehen. Sollte es zu einer Aufgabenübertragung kommen, würde neben der zentralen Abwasserbeseitigung auch die Fäkalschlammabfuhr aus der dezentralen Abwasserbeseitigung durch den OOWV erfolgen.

 

Die Bindung von personellen Ressourcen im Rathaus würde daher vor allem im Bereich der Bürgerdienste abnehmen, da die Ermittlung und Festsetzung der Gebühren für die zentrale und die dezentrale Abwasserbeseitigung durch die Aufgabenübertragung entfallen würden. Die Finanzabteilung und das Bauamt würden wiederrum dadurch entlastet werden, dass die Arbeiten im Rahmen der Herstellung von Schmutzwasseranschlüssen und der damit verbunden Festsetzung der Abwasserbeseitigungsbeiträge wegfallen würden.

 

Ein weiteres wichtiges Thema bei der Entscheidung über die Zukunft der Abwasserbeseitigung ist die Frage, wie die ordnungsgemäße Behandlung und Entsorgung der anfallenden Klärschlämme ab dem Jahr 2025 erfolgen wird. Sowohl die EWE Wasser als auch der OOWV sind Gesellschafter in der KENOW GmbH & Co. KG. Diese plant, in Bremen eine Klärschlammmonoverbrennungsanlage zu errichten und zu betreiben, in welcher zukünftig der bei den Gesellschaftern anfallende Klärschlamm entsorgt werden soll.

 

Die bisherige nichtöffentliche Bearbeitung erfolgte Aufgrund zu diskutierender Vertragsdaten von Bestandsverträgen, die für eine Markterkundung beispielsweise nicht veröffentlicht werden sollten. Die bisherigen Gespräche mit dem OOWV konnten geführt werden, da der Beitritt zum OOWV nicht der Ausschreibungspflicht unterliegt, so dass dieser Austausch rechtlich unschädlich war.

 

Die bisher in nichtöffentlicher Sitzung getroffene Entscheidung, dass die zentrale und dezentrale Abwasserbeseitigung auf den OOWV übertragen werden soll, hat die Verwaltung ermächtigt, weitere Verfahrensschritte mit Blick auf die Übertragung dieser Aufgabe zu gehen. Um tatsächlich konkreter in der Umsetzung zu werden, ist nun eine Grundsatzvereinbarung zwischen der Gemeinde Apen und dem OOWV zu schließen. Inhalt dieser Grundsatzvereinbarung ist, dass die Gemeinde Apen und der OOWV den Willen bekunden, das Aufgabengebiet der Abwasserbeseitigung auf den OOWV zu übertragen und dieser diese Aufgabe entsprechend annimmt. Die Aufgabenübertragung soll zum 01.01.2025 erfolgen. Diese verbindliche Absichtserklärung ist die Grundlage dafür, dass beide Parteien nun intensiver in die Übergabe der Aufgabe einsteigen können und hierfür bereits intensiver personelle Ressourcen aufwenden. Allein die Laufzeit der Grundsatzvereinbarung macht deutlich, welcher Aufwand über diese zwei Jahre zu betreiben ist. 

 

Bis 2025 ist seitens der Gemeinde Apen u.a. ein Beitrittsbeschluss zu fassen, seitens des OOWV ist ein Vorstandsbeschluss zur Aufnahme zu fassen. 

 

 

 

 


Finanzielle Auswirkungen:

s. Sachverhalt


Anlagen: